„Gletscher im Wandel – Was die Vermessung über unsere Alpen verrät“ 11.12.2025 - Am 11. Dezember macht der Internationale Tag der Berge auf den rasanten Rückgang der Alpen­gletscher aufmerksam. Präzise Vermessung zeigt, wie stark das „ewige Eis“ schrumpft – und liefert entscheidende Daten, um Risiken frühzeitig zu erkennen und zu handeln.

Der Internationale Tag der Berge am 11. Dezember rückt heuer die rapide Veränderung der Gletscher in den Mittelpunkt. Sie zählen zu den sensibelsten Indikatoren des Klimawandels und haben in den vergangenen Jahrzehnten weltweit und besonders in den Alpen deutlich an Fläche und Volumen verloren. Präzise Vermessungsdaten – von GNSS-Messungen über Laserscans bis zu Luftbildern und digitalen Höhenmodellen – dokumentieren diesen Wandel detailliert. Sie zeigen nicht nur das Ausmaß des Rückgangs, sondern liefern auch wichtige Grundlagen, um Risiken wie veränderte Abflussmuster frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ermöglichen.

Was ist der Tag der Berge und warum der Fokus auf Gletscher?

Der Internationale Tag der Berge wird seit 2003 jedes Jahr am 11. Dezember gefeiert und wurde von den Vereinten Nationen initiiert, um auf die Bedeutung der Gebirge für Mensch und Natur aufmerksam zu machen. Berge sind weit mehr als majestätische Landschaften: Sie sind Lebensraum für vielfältige Ökosysteme, Quellen für Trink- und Brauchwasser, Retentionsräume für Schnee und Eis und bilden die Heimat zahlreicher alpiner Gemeinden. Als Wasserspeicher und Biodiversitätszonen spielen Gebirge eine zentrale Rolle für Umwelt, Klima und menschliche Nutzung — ihre Schutzwürdigkeit begründet den jährlich erneut begangenen Aktionstag.

In Zeiten des Klimawandels steht der Fokus des Tages 2025 besonders auf Gletschern: Denn die einst als „ewiges Eis“ geltenden Gletscher sind massiv gefährdet — ihr Rückgang signalisiert dramatische Umweltveränderungen, die Wasserhaushalt, Naturgefahren und die alpine Landschaft insgesamt betreffen.

Der dramatische Wandel der Gletscher

Eine aktuelle groß angelegte Studie von 49 internationalen Instituten – darunter auch das Institut für Geodäsie der TU Graz - zeigt: Weltweit verlieren Gletscher seit dem Jahr 2000 durchschnittlich rund 273 Mrd. Tonnen Eis pro Jahr.

Besonders betroffen sind Gebirgsregionen wie die Alpen: Für diese zeigen neueste Daten deutlich, wie stark Fläche und Volumen zurückgegangen sind. Laut einer Studie des Geografischen Instituts der Universität Zürich hat sich in der gesamten Alpenregion seit dem Ende der Kleinen Eiszeit (um 1850) bis 2015 die Gesamtfläche der Gletscher um rund 57 % verringert — das entspricht einem Rückgang von etwa 4.244 km² auf 1.806 km². Das Volumen ging in dieser Zeit um etwa 64 % zurück.

Zudem zeigen aktuelle Projektionen für einzelne Alpengletscher, wie schnell der Rückgang weitergehen kann: In einer im August 2025 veröffentlichten Modellstudie prognostizieren Forschende – u.a. der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des Joanneum Graz - für zwei exemplarische Alpen-Gletscher, den Aletschgletscher in der Schweiz und den Hintereisferner in Österreich, ein vollständiges Abschmelzen bis Mitte bzw. Ende des 21. Jahrhunderts, je nach Szenario.

Diese Befunde bestätigen, dass Gletscher weltweit — und speziell in den Alpen — zu den empfindlichsten Indikatoren des Klimawandels gehören und dass ihr Rückgang kein linearer, sondern beschleunigter Prozess ist.

Den Gletscherwandel vermessen

Doch wie kann es sein, dass wir diesen Prozess so gut darstellen können? Die Dokumentation des Gletscherschwunds beruht heute auf hochpräzisen, mehrfach wiederholten Vermessungen mit modernen Methoden. Dazu gehören u.a.:

Dank hochauflösender, räumlich und zeitlich wiederholter Vermessung lassen sich nicht nur Änderungen an Gletscherenden feststellen, sondern auch Veränderungen der Eisdicke, des Volumens und der gesamten Gletscherkörper. Das erlaubt, Trends zu analysieren, Modellrechnungen zu validieren — und Risiken abzuschätzen: etwa potenzielle Gletschersee-Ausbrüche oder veränderte Abflussverhalten.

In der HistMap des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen – BEV kann man zum Beispiel die Veränderungen des Hallstätter Gletschers verfolgen.

Hallstaetter_Gletscher.gif

Gletscherforscher Kay Helfricht hielt diese in seiner Diplomarbeit am Institut für Meteorologie und Geophysik an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck fest: Von 1856 bis 2007 verringerte sich die Länge dieses Gletschers um 1940 Meter, er verlor 2,23 km2 an Fläche und ging bis auf 37% seines ursprünglichen Volumens zurück.

Warum unsere Gletscher so wichtig sind

Gletscher wirken wie natürliche Wasserspeicher: Sie liefern im Sommer Schmelzwasser, regulieren Flussabflüsse und tragen zur Grundwasserneubildung bei. Mit dem Rückgang der Gletscher verändert sich der Wasserhaushalt: Abflussmuster ändern sich, Sommerniedrigwasser kann zunehmen, langfristig droht eine Verringerung der Wasserverfügbarkeit — insbesondere in alpinen Regionen und Tälern.

Zudem erhöhen schmelzende Gletscher und das Abschmelzen periglazialer Eiszonen das Risiko natürlicher Gefahren. Instabile Moränen, entstehende Gletscherseen, Permafrost-Rückgang und vermehrte Steinschlag- oder Hangrutschungen können zu akuten Gefahren für Infrastruktur, Gemeinden, Tourismus und Umwelt werden.

Deshalb sind präzise Vermessungsdaten und kontinuierliches Monitoring essenziell — sie ermöglichen es Behörden, Gemeinden und Einsatzkräften, Risiken frühzeitig zu erkennen, Rückzugs- und Sicherheitszonen zu definieren, Wasserressourcen sowie Naturraum besser zu managen und auf langfristige Veränderung vorbereitet zu sein.

Nicht zuletzt leistet der Internationaler Tag der Berge einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung: Er richtet den Blick der Öffentlichkeit auf die Bedeutung der Gebirgswelt — und auf die Dringlichkeit, Gletscher, Landschaften und alpine Ökosysteme zu schützen und verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen.