Historische Karte des Monats: August 01.08.2025 - Die ausgewählte Karte aus dem Archiv entführt ins Jahr 1914 und bietet einen Einblick in die österreichisch-ungarische Militärführung im Bereich des Südbalkans vor dem ersten Weltkrieg.

Im August stellt das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen die Karte Operationskarte „B“ Serbien, Montenegro und Anland – Blatt 8 aus dem Jahr 1914 vor. Die Ausgabe 1914 besteht insgesamt aus 10 Blättern, davon ausgewählt wurde das Blatt 8 Scutari. Dieses Kartenblatt öffnet einen detailreichen Blick auf den südlichen Balkan – eine geopolitisch brisante Region jener Zeit.

Besonderheiten der Karte

Die Operationskarte stammt aus einer hochdetaillierten Serie militärischer Lagekarten. Sie bildet den südlichen Balkan ab: von Montenegro über Teile Nordalbaniens bis hin zu angrenzenden serbischen Gebieten.
Hervorzuheben sind:

  • Die besonders detaillierte Zeichenerklärung ist ausschließlich auf die Bedürfnisse des Militärs ausgelegt.
  • Die Teile dieses Kartenblatts sind zu unterschiedlichen Zeiten entstanden, der westliche Teil um die Bucht von Cattaro (heute: Kotor) ist der älteste, da die Terraindarstellung mittels Schraffen wiedergegeben wird. Östlich davon werden Höhenschichtlinien verwendet.
  • Die schroffe Gebirgslandschaft ist dem Maßstab entsprechend mittels Felszeichnung wiedergegeben.
  • Grenzverläufe zu den damaligen Staaten Montenegro, Serbien und Albanien
  • Verkehrsinfrastruktur wie Straßen, Bahnlinien und Übergänge über Gebirgspässe – entscheidende Orientierungspunkte für militärische Planung
  • Siedlungsstruktur: Sorgfältig differenzierte Einzelhausdarstellung von Städten, Dörfern und Einzelhöfen. Die Art der Befestigungsanlage wird mittels roter Signatur dargestellt.
  • Gewässer: Wichtige Flüsse wie Morača, Drin und Lim sind teils mit nautischen Hinweisen versehen, z.B. hinsichtlich der Überfuhr mit Anzahl für Mann und Pferd.
  • Die Angabe der Trinkwasserqualität mittels differenzierter Unterstreichung der Ortsnamen
  • Zusätzlich zum numerischen Maßstab sind in der graphischen Maßstabsleiste Kilometer und Schritte angegeben.

Was diese Karte besonders bemerkenswert macht, sind ihre zahlreichen militärisch relevanten Annotationen. Bei Krsta beispielsweise vermerkt ein Kartograf: „Einfahrt bei Wind schwierig.“
Solche Hinweise dienten nicht nur der Orientierung, sondern gaben auch einschätzende Bewertungen zu möglichen Landungen, Marschrouten oder Hindernissen. Weitere Beispiele:

  • Steile Hänge oder kaum passierbare Übergänge wurden explizit markiert.
  • Brücken oder Furten, oft als Verbindungspunkte für Truppenbewegungen von Bedeutung, sind klar eingezeichnet. Bei Brücken ist auch das Baumaterial unterschieden, woraus sich die Belastbarkeit erschließen lässt.
  • Das geographische Namensgut spiegelt die sprachliche Vielfalt der lokalen Bevölkerung als zweisprachige Siedlungsnamen wider, wobei der zweite Name kleiner und in Klammer gesetzt ist, z.B. Ulcinj (montenegrinisch bzw. serbisch, bosnisch, kroatisch) und Dulcigno (italienisch).

Historischer Kontext

Die Operationskarte entstand im Kontext der zunehmenden Spannungen zwischen der Donaumonarchie und den Balkan-Staaten – insbesondere Serbien und Montenegro, die im Zentrum geopolitischer Rivalitäten standen. Der Balkan war spätestens nach den Balkankriegen (1912–1913) eine fragile Konfliktzone.

Als im Juli 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, war die österreichisch-ungarische Militärführung auf detaillierte Geländeanalysen angewiesen. Karten wie diese dienten zur:

  • Planung von Invasionen in Serbien
  • Absicherung der Küstenlinie Montenegros und Albaniens
  • Einschätzung von Nachschublinien und Marschrouten über die Berge

Der hohe Detaillierungsgrad zeigt, wie bedeutend topografische Aufklärung für die Kriegsführung war. In einer Region, in der moderne Straßen kaum existierten und Gebirgszüge die Bewegungsfreiheit massiv einschränkten, konnte eine Karte wie das vorgestellte Blatt 8 über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Titel: Operationskarte „B“ Serbien, Montenegro und Anland – Blatt 8
Herausgeber: k.u.k. Generalstab
Autor: Oberleutnant Tsch und Hauptmann Vogel (Assistent Noltz und Eleve Walter)
Maßstab: 1:200 000
Veröffentlichung: 1914
Format: 670 x 590 mm

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