Historische Karte des Monats: November 01.11.2025 - Die ausgewählte Karte aus dem Archiv entführt ins Jahr 1907 und bietet einen Einblick in die die weit verzweigte Lagune von Venedig sowie deren einzigartige Wasserlandschaft zwischen Festland und Adria.

Im November stellt das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen die Karte La Laguna Veneta im Maßstab 1:100 000 aus dem Jahr 1907 vor. Die Karte zeigt die weit verzweigte Lagune von Venedig und ihr Umfeld – von der Stadt Treviso im Norden bis zum Fluss Po im Süden.

Besonderheiten der Karte

  • Die Lagune wird als ein weitläufiges Gewässer zwischen dem Festland und den offenen Gewässern der Adria dargestellt. Sie enthält zahlreiche Inseln und Wasserläufe, die das Bild der Lagune prägen.
  • Man erkennt auf der Karte sowohl größere Inseln als auch schmale Landzungen und Lagunenarme – typische Merkmale der venezianischen Lagune.
  • Die Karte zeigt die Einmündungen bedeutender Flüsse wie Adige/Etsch, Bianco oder Brenta beziehungsweise Kanäle, die innerhalb der Lagune wichtige Verbindungen darstellen.
  • Spuren von Landgewinnung und Marschgebieten sind dargestellt – etwa Salinen, Sumpf- und Überschwemmungsflächen. Außerdem ist um den Ort Villanova der Schriftzug „Graticolato Romano“ zu lesen: Ein Hinweis auf die Centuriation im Nordosten Paduas. Der Name leitet sich von der Aufteilung des Landes in Centurien ab, die Quadrate mit einer Kantenlänge von etwa 710 Metern entsprechen. Jedes Grundstück wurde per Los an Siedler vergeben, in der Regel Veteranen, die so für ihren Militärdienst belohnt wurden. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. eingeführt und diente der Kultivierung und Verteidigung. Die Centuriation ist noch heute deutlich auf Straßen und Gelände zu erkennen.
  • Der Hinweis „Longitudine dal meridiano di Roma (Monte Mario)“ weist auf den historischen „Meridian von Rom“ hin, der durch den „Torre del Meridiano“ des Osservatorio Astronomico di Roma auf dem Monte Mario in Rom führte. Er wurde 1884 offiziell durch den Nullmeridian von Greenwich abgelöst und nur noch in Militärkarten bis in die 1960er Jahre verwendet.

In ihrer Gesamterscheinung vermittelt die Karte ein sehr anschauliches Bild davon, wie die Lagune und ihr Umfeld sich entwickelt haben: als ein komplexes System von Wasser- und Landflächen mit Mensch-Umwelt-Interaktionen.

Exkurs: „Riproduzione sistema Gliamas“

Die Karte „La Laguna Veneta“ wurde vom Istituto Geografico Militare (IGM, Militärgeographisches Institut) erstellt. Am Kartenrand findet sich der Hinweis „Riproduzione sistema Gliamas“ auf der Karte, welcher auf das historische Reproduktionsverfahren der Karte hinweist. Das „Gliamas-System“ wurde vom italienischen Offizier Ettore Gliamas, dem damaligen Leiter des fototechnischen Dienstes am Militärgeographischen Institut, entwickelt.

Vor Einführung des Verfahrens wurden Landkarten aufwendig als Kupferdruck in Schwarz-Weiß mit Schraffuren gedruckt – das war teuer, zeitaufwendig und ließ nur eine geringe Auflage zu. Gliamas erfand ein fotochemisches Verfahren, das es ermöglichte, aus einer Originalzeichnung eine Kupferplatte zu erstellen, die den Druck des Reliefs mit sanfter Schattierung ermöglichte und seine Schärfe auch bei hohen Auflagen beibehielt. Dadurch wirkten die Karten plastischer und klarer, ließen sich schneller und günstiger herstellen und konnten in großen Auflagen gedruckt werden. Während ein erfahrener Kupferstecher für die Gravur eines Kartenblattes sechs Monate benötigte, reichte beim Gliamas-System etwa ein Monat aus. Ein ähnliches Verfahren wurde im k.u.k. Militärgeographischen Institut als „Heliogravüre“ eingeführt.

Historischer Kontext

Die venezianische Lagune diente bereits seit der Antike als Schutzraum vor dem offenen Meer, als Verbindung zur Adria und war zugleich ein empfindliches Umwelt- und Wasserbaugebiet.

Das Jahr 1907 markiert eine Zeit, in der die Lagune bereits stark durch menschliches Eingreifen geformt war: Küstenschutz- und Landgewinnungsprojekte, Regulierung von Flussmündungen, Ausbau von Häfen und Verkehrswegen – all diese Spuren sind in der Karte veranschaulicht.

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Karte Venezia Sant'Elena

Was ist im Entstehungsjahr der Karte noch in der Region passiert?

1907 wurde auch der Fußballverein „Venezia Football Club“ (im deutschen Sprachraum als „FC Venedig“ bekannt) gegründet. Heimstadion ist das „Stadio Pier Luigi Penzo“ auf der Insel Sant’Elena.

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Der Große Kanal in Venedig 1907

1907 schuf der italienische Künstler Umberto Boccioni, einer der Hauptfiguren der futuristischen Bewegung, sein Gemälde „Der Große Kanal in Venedig 1907“. Boccioni ist heute noch präsent: Ein Abbild seiner Skulptur „Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum“ (Forme uniche della continuità nello spazio) befindet sich auf dem italienischen 20-Cent-Stück.

Titel: La Laguna Veneta
Herausgeber: Istituto geografico militare (IGM, Militärgeographisches Institut Florenz)
Autor: unbekannt
Maßstab: 1:100 000
Veröffentlichung: 1907
Format: 457 x 832 mm

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