Das BEV in der 2. Republik
Am 27. April 1945 unterzeichneten die Vertreter der drei Gründungsparteien der Zweiten Republik die Proklamation über die Selbstständigkeit Österreichs, mit welcher der „Anschluss“ der Republik Österreich an das Deutsche Reich vom 13. März 1938 für null und nichtig erklärt wurde. Die Zweite Republik war errichtet.
Durch das Behörden-Überleitungsgesetz, BGBl. Nr. 94/1945 wurden die für das Gebiet der Republik Österreich oder deren Teilbereiche bestehenden Behörden, Ämter, Anstalten, Unternehmungen und sonstigen Einrichtungen des Deutschen Reiches aufgelöst. Mit § 68 wurden die Abteilungen VI (Hauptvermessungsabteilung XIV) und VII (Eichwesen) des Reichsstatthalters in Wien aufgelöst. Die Geschäfte gingen auf das (Bundes-)Amt für Eich- und Vermessungswesen über. Auch das Beschusswesen wurde bis 1952 vom BEV übernommen.
Am 18. Juli 1947 wurde DI Karl Lego zum Präsidenten des BEV ernannt.
Das „neue“ Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen hatte die folgende Geschäftseinteilung:
Präsident des BEV | Gruppe Vermessungswesen (V) | Gruppe Eichdienst (E) |
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Präsidialabteilung | Hauptabteilung VK: Grundlagen des Vermessungswesens und Kataster | E/1: Physikalisch-technischer Eich- und Prüfdienst |
VK/1: Erdmessung | E/2: Technisch-administrativer Eich-dienst; Beschußwesen | |
VK/2: Triangulierung | E/3: Physikalisch-technischer Eich- und Prüfdienst auf elektrischem und hydraulischem Gebiet | |
VK/3: Katastrale Neuvermessung | ||
VK/4: Fortführung des Katasters | ||
VK/5: Reproduktion der Kataster- und Grundbuchsmappen sowie der einschlägigen Planwerke; Zentralmappenarchiv | ||
Hauptabteilung VL: Landesaufnahme | ||
VL/1: Photogrammetrie | ||
VL/2: Topographie | ||
VL/3: Kartographie | ||
VL/4: Reproduktion und Druck gegliedert |
Die Verbindung zwischen dem BEV und den 15 Stammeichämtern, 41 Nebeneichämtern und den 11 Faßeichämtern stellten die Inspektoren der Eichaufsichtsbezirke her:
I. Eichaufsichtsbezirk | II. Eichaufsichtsbezirk | III. Eichaufsichtsbezirk |
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Amtssitz in Wien, zuständig für Wien, Niederösterreich und das nördliche Burgenland | Amtssitz in Linz, zuständig für Oberösterreich, Salzburg, Nordtirol und Vorarlberg |
Amtssitz in Graz, zuständig für die Steiermark, Kärnten, Osttirol und das südliche Burgenland |
Die Überwachung der 68 Vermessungsämter in Österreich erfolgte durch 4 Vermessungsinspektoren in Wien, Linz, Graz und Innsbruck.
Konsolidierung der Rechtsgrundlagen des BEV im Maß- und Eichwesen sowie im Vermessungswesen
Mit dem Maß- und Eichgesetz (MEG), BGBI.Nr. 152/1950, wurden die in Österreich geltenden Maßeinheiten und ihre Definitionen neu festgesetzt. Das Gesetz trat an die Stelle des bisher geltenden Gesetzes aus dem Jahre 1871 und setzte diese somit außer Kraft. In den darauffolgenden Jahren wurde das MEG immer wieder novelliert. Dies war insbesondere aufgrund des EU-Beitritts 1995 notwendig, da gerade das Maß- und Eichwesen sehr stark von europäischen Regelungen betroffen war und ist. Besonders hervorzuheben sind:
- die Anerkennung ausländischer Prüfergebnisse bei Gleichwertigkeit der Prüfung,
- die Einführung von staatlich akkreditierten Beglaubigungsstellen für die Beglaubigung von Mengenmessgeräten für Gas, Wasser, Elektrizität und Wärmezähler,
- die Einführung der Fertigpackungskontrolle,
- die Einführung des Kalibrierdienstes,
- die Umsetzung der EG-Richtlinie 90/384/EWG i.d.F. 93/68/ EWG für nichtselbsttätige Waagen und
- die Neufassung der Bestimmungen für öffentliche Wägeanstalten.
Das BEV hat gemäß MEG als nationales Metrologie-Institut der Republik Österreich für die gesetzlichen Maßeinheiten entsprechend dem Stand und den Erfordernissen der Messtechnik die verbindlichen nationalen Etalons bereitzuhalten oder bereithalten zu lassen und an die internationalen Etalons anzuschließen oder anschließen zu lassen und für die internationale Anerkennung der nationalen Etalons zu sorgen. Das BEV hat weiters entsprechend dem Stand und den Erfordernissen der Messtechnik die gesetzlichen Maßeinheiten durch Eichung von Messgeräten und Prüfung sowie Kalibrierung von Messgeräten im Physikalisch-technischen Prüfdienst (PTP) weiterzugeben.
Am 1. Jänner 1969 trat das Bundesgesetz vom 3. Juli 1968, BGBI.Nr. 306/1968, über die Landesvermessung und den Grenzkataster in Kraft und ersetzte das im Jahre 1883 erlassene Evidenzhaltungsgesetz sowie weitere bis heute gültige Rechtsnormen betreffend das Vermessungswesen. Mit dem Vermessungsgesetz, den darauf aufbauenden Verordnungen (Vermessungsverordung, Vermessungsgebührenverordnung, Vermessungsamts-Sprengelverordnung), dem Staatsgrenzgesetz sowie dem Grundbuchsumstellungsgesetz wurden die gesetzlichen Grundlagen für eine durchgreifende Reform des Grundsteuerkatasters bzw. für die Einrichtung des Grenzkatasters geschaffen.
Ziel des Vermessungsgesetzes war es eine einheitliche Regelung zu schaffen, die Verhältnisse an Grund und Boden im gesamten Bundesgebiet in Plänen Karten und Büchern darzustellen, da Geoinformationen sowohl für staatliche als auch private Anliegen relevant ist.
Die drei großen Bereiche der Neuordnung der Landesvermessung waren der Kataster, die kartographische und topographische Landesaufnahme und die Grundlagenvermessung nach innen und außen.
Mit Inkrafttreten des Vermessungsgesetzes wurden daher die folgenden Ziele umgesetzt:
- Aufgabengebiet der Landesvermessung definieren
- Kataster soll „aufgewertet“ werden (Grenzkataster)
- Nicht nur Behörden, sondern auch Private (Ziviltechniker) schaffen den Kataster
- Reibungsloser Übergang zum Grenzkataster
Die beiden Gesetze, das Maß- und Eichgesetz (MEG) und das Vermessungsgesetz (VermG) dienen bis heute mangels Organisationsgesetz als fundamentale Arbeitsgrundlage für das BEV.
Technischer Fortschritt – Das BEV schon damals Vorreiter in der Digitalisierung
Ab dem Jahre 1956 beginnt für das BEV ein neues Zeitalter. Mit Hilfe einer Großrechenanlage, die gemeinsam mit der Technischen Hochschule in Wien betrieben wurde, wurden zunächst alle Daten des Schriftoperates des Katasters auf Lochkarten erfasst und automationsunterstützt geführt. Ebenso wurden alle Berechnungen durchgeführt und die Koordinaten der vermessenen Punkte in maschinenlesbarer Form abgespeichert. Damit wurden die Voraussetzungen für die heute in Betrieb befindlichen Datenbanken und Informationssysteme geschaffen.
Als weiteres Großprojekt wurde die Verdichtung des Triangulierungsnetzes begonnen, das durch die Schaffung von Einschaltpunkten so erweitert wurde, daß alle Vermessungen ohne größeren Aufwand an das System der Landesvermessung angeschlossen werden konnten.
Ab dem Jahre 1960 wurde begonnen, auch die Katastralmappen umzugestalten. Es wurde der Zahlenplan auf transparenten Zeichenträgern angelegt, der neben den bisher üblichen Angaben auch die Nummern aller Koordinaten-punkte sowie Maßzahlen enthielt.
Gemeinsam mit dem Justizressort wurde auch an der Grundstücksdatenbank gearbeitet. Die Grundstücksdatenbank (GDB) umfasst Grundbuch und Kataster und verknüpft die Daten beider Bereiche. Sie wurde ab 1975 aus der Katastralmappe entwickelt. Ab 1980 wurden sämtliche Grundbücher Österreichs nach und nach digital erfasst. Die GDB ist flächendeckend für das gesamte Bundesgebiet verfügbar und war schon damals ein E-Government Leuchtturmprojekt. Durch die Umsetzung der GDB-neu im Jahr 2012, an der das BEV maßgeblich beteiligt war, konnte dieser hohe Standard durch die Digitalisierung der Prozesse Planbescheinigung und Führung noch weiter ausgebaut werden.
Ende der 1980er Jahre wurde darüber hinaus mit der Digitalisierung der Katastralmappe begonnen, die 2003 abge-schlossen wurde. Die Digitalisierung war der Anfang eines langen Prozesses, der viele Jahre später im Katasterservice gipfelte, mit welchem das BEV kostenlos österreichweit und tagesaktuell die Daten des Katasters online zur Verfügung stellt.
Übersiedelung in das Amtsgebäude Schiffamtsgasse
Das BEV verfügte Anfang der 1980er Jahre in Wien über mehrere Standorte, die im Laufe der folgenden Jahre konsolidiert wurden. Der größte Schritt war zweifelsohne die Übersiedlung im Herbst 1983 in das Amtsgebäude in der Schiffamtsgasse 1-3, 1020 Wien, damals ein hochmoderner Neubau, der aufgrund des Platzmangels in den alten Dienststellen notwendig wurde.
Vor der Übersiedelung bestanden in Wien die folgenden Standorte:
Dienststelle | Standort |
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A-Gebäude | Friedrich-Schmidt-Platz 3, 1080 Wien |
Katasterdienststelle für die allgemeine Neuanlegung, Amtswirtschaftsstelle – Tischlerei | Schopenhauerstraße 32, 1180 Wien |
B-Gebäude | Krotenthallergasse 3, 1080 Wien |
Abt. Katastralmappenarchiv | Vordere Zollamtsstraße 3, 1030 Wien |
Abt. Bundesgrenzen | Fasangartengasse 101, 1130 Wien |
Abt. Bodenschätzung | Landstraßer Hauptstraße 55-57, 1030 Wien |
Katasterdienststelle für agrarische Operationen in Wien, Eichamt Wien | Gasteigergasse 2-4, 1200 Wien |
Vermessungsamt Wien | Bellariastraße 8, 1010 Wien |
Gruppe Eichwesen | Arltgasse 35, 1160 Wien |
Bis auf Teile der im B-Gebäude angesiedelten Dienststellen, des Eichamtes Wien und die Gruppe Eichwesen, die seit jeher über ein eigenes Amtsgebäude in der Arltgasse verfügte, übersiedelten die oben genannten Dienststellen zwischen 29. Oktober 1983 und 15. November 1983 in das neue A-Gebäude in der Schiffamtsgasse. Das Eichamt bestand bis ins Jahr 1997 am Standort Gasteigergasse fort und übersiedelte dann ebenfalls. Im Jahr 2023 wird daher nicht nur das hundertjährige Bestehen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, sondern auch das vierzigjährige Jubiläum des Amtsgebäudes Schiffamtsgasse gefeiert.
Das B-Gebäude in der Krotenthallergasse bestand noch bis in das Jahr 2008 weiter und wurde dann aufgelöst, sodass der gesamte Bereich Kataster und Vemessung nunmehr im Amtsgebäude Schiffamtsgasse untergebracht ist.
Seit diesem Zeitpunkt bestehen in Wien nurmehr die beiden Standorte in der Schiffamtsgasse und der Arltgasse.