Die Gründung des BEV

Verordnung der Bundesregierung Nr. 550/1923
Verordnung der Bundesregierung Nr. 550/1923 Foto Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich

Das BEV wurde mit „Verordnung Nr. 550/1923 der Bundesregierung über die Auflassung der Normal-Eichungs-Kommission und die Vereinfachung der Organisation des Eichwesens“ gegründet und trat somit die Nachfolge der „Normal-Eichungs-Kommission“ und des „Bundesvermessungsamtes“ an.

Verordnung Nr. 550/1923 (PDF, 1 MB)

Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen ist das BEV fast auf den Tag genau 100 Jahre alt. Aber auch wenn die Geburtsstunde das Jahr 1923 war, lohnt sich ein kurzer Blick in die Vergangenheit und somit auf die Vorgängerorganisationen.

Vorgängerbehörde(n) im Eichwesen

Mit dem Maßpatent vom 14. Juli 1756 verfügte Maria Theresia, dass zunächst im Lande Österreich unter der Enns die Wiener Maße und Gewichte gelten sollten. Später wurde der Geltungsbereich des Patentes auf Österreich ob der Enns, Kärnten, Steiermark sowie auf Tirol und Vorarlberg ausgedehnt.

Es wurden

  • das Wiener Klafter (1.896,35 mm)
  • die Wiener Elle (777,36 mm)
  • der Wiener Metzen (61,486 l) und
  • der Wiener Zentner (56,00 kg)

als gesetzlich vorgeschriebene Maßeinheiten festgelegt. Diesen Einheiten lagen Prototypen und Maßnormale zu Grunde. Im rechtsgeschäftlichen Verkehr durften nur mehr diese Einheiten verwendet werden. Darüber hinaus wurde die allgemeine Verpflichtung zur Zimentierung und zweijähriger Rezimentierung von Längenmaßen, Gewichtsstücken und Waagen durch die landesfürstlichen Zimentierungsämter zwingend vorgeschrieben.

Mit Gesetz vom 23. Juli 1871, RGBI.Nr. 16/1872, wurde die neue Maß- und Gewichtsordnung erlassen und damit das in Frankreich entstandene metrische Maß- und Gewichtssystem für alle im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder eingeführt.

Mit gleichem Datum erließ das Handelsministerium eine Verordnung, mit der die sogenannte k.k. Normal-Aichungs-Kommission gegründet, deren Zusammensetzung festgelegt und die Aufgaben definiert wurden. Die Kommission mit Sitz in Wien hatte als technisches Organ entsprechende Eichnormale zu beschaffen und an die französischen Normale anzuschließen, alle Arbeiten zur dauernden Aufrechterhaltung der Ordnung im Maß- und Gewichtswesen durchzuführen und die neuen Maßeinheiten der Bevölkerung nahezubringen sowie sicherzustellen, dass sie auch verwendet wurden und mit den staatlichen Normalen übereinstimmten.

Zu diesem Zwecke wurde ein dichtes Netz an Aichämtern und Faßaichen eingerichtet. Zu Beginn des 1. Weltkrieges gab es 10 Aichinspektorate in Wien, Linz, Graz, Triest, Zara, Innsbruck, Prag, Brünn, Lemberg und Czernowitz sowie 390 Aichstellen.

Mit der Kundmachung des Handelsministeriums, RGBI.Nr. 171/1907, vom 20. Juli 1907 wurde ein physikalisch-technischer Prüfdienst eingerichtet, bei dem Apparate, für die keine Eichpflicht bestand, zur Prüfung eingereicht werden konnten. Darüber wurden amtliche Prüfscheine ausgestellt.

Vorgängerbehörde(n) im Vermessungswesen

Die wichtigste und ergiebigste Geldquelle für die Finanzierung der Staatsausgaben war im 18. Jahrhundert die Besteuerung von Grund und Boden. Daher gab es schon im Jahre 1718 den ersten Versuch, ein auf einwandfreien Grundlagen beruhendes Steuersystem einzurichten, den sogenannten Censimento Milanese. Grundlage für die Berechnung der Steuer war eine mit dem Messtisch hergestellte Mappe im Maßstab 1:2000, verbunden mit einer Schätzung des Reinertrages.

Nach dem Ende der Kriege, in die Österreich im 18. und 19. Jahrhundert verwickelt war, suchte Kaiser Franz l. zwecks Konsolidierung der Staatsfinanzen nach neuen Wegen, ein allgemeines, gleichförmiges und stabiles System für die Bemessung der Grundsteuer in der gesamten Monarchie einzurichten, da die Bemessung der Grundsteuer immer ungerechter wurde.

Das Ergebnis war das Grundsteuerpatent vom 23. Dezember 1817, mit welchem die österreichische Katastralvermessung angeordnet wurde. Zwischen 1817 und 1861 wurden in 15 Ländern, und zwar Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg, Kärnten und Krain, Küstenland, Dalmatien, Böhmen, Mähren und Schlesien, Galizien und der Bukowina 33.556 Katastralgemeinden auf 164.357 Mappenblättern dargestellt, wobei 49.138.140 Grundstücke mit einer Fläche von 300.082 km2 vermessen wurden.

Mit dem Evidenzhaltungsgesetz vom 23. Mai 1883, RGBI.Nr. 83/1883, wurde die Fortführung der Katastraloperate angeordnet, wobei in den einzelnen Vermessungsbezirken dafür ständige Organe eingerichtet wurden. Ab dem Jahre 1907 trugen diese Organe die Bezeichnung Evidenzhaltung des Grundsteuerkatasters mit der Beisetzung des Standortes.

Am 30. März 1910 wurde die Wiedererrichtung der Generaldirektion des Grundsteuerkatasters im Finanzministerium verordnet (RGBI.Nr. 64/ 1910).

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde durch die Vollzugsanweisung der Staatsregierung betreffend die einheitliche Regelung des gesamten Vermessungswesens, StG.Bl.Nr. 380/ 1919, das staatliche Vermessungswesen dem Staatsamt für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten unterstellt. Aus dem Wirkungsbereich des Staatsamtes für Inneres und Unterricht wurden die deutschösterreichische Kommission für die Internationale Erdmessung und das deutschösterreichische Gradmessungsbüro ausgegliedert. Ferner wurden die Agenden der bisherigen Generaldirektion des Grundsteuerkatasters aus dem Wirkungsbereich des Staatsamtes für Finanzen ausgeschieden und in die Kompetenz des Staatsamtes für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten übergeführt. So entstand in diesem Staatsamt ein „Vermessungszentralamt“.

Über Antrag des Staatsamtes für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten wurde am 23. Juli 1920 beschlossen, die kartographische und reproduktionstechnische Gruppe des ehemaligen Militärgeographischen Institutes (MGI) zu einem zivilstaatlichen, nach kaufmännischen Grundsätzen zu führenden Betrieb mit dem Sitz im Amtsgebäude Krotenthallergasse abzuspalten.

Das am 7. Jänner 1839 aus dem Zusammenschluss des Imperiale Reale Istituto Geografico Militare und der Topographisch-lithographischen Anstalt des k.k. Generalquartiermeisterstabs entstandene MGI hatte seinen Sitz ab 1841 am Friedrich-Schmidt-Platz 3 in Wien. Die Aufgabe des MGI war vereinfacht gesagt die Erstellung und Bereithaltung von Karten für das Militär. Der Zuständigkeitsbereich des MGI umfasste die gesamte Österreichisch-Ungarische Monarchie. Neben den bereits erwähnten Aufgaben hatte sich das MGI mit der Erdmessung zu beschäftigen, um die Landkarten auch technisch auf dem geodätisch letzten Stand zu halten.

Die Abspaltung besiegelte das Ende des MGI. Ab 1921 führte der Betrieb den Namen Kartographisches Institut. Mit Erlass des o.a. Staatsamtes wurde am 17. Februar 1921 festgelegt, dass dieses Institut von einem kaufmännischen Leiter zu führen sei.

Mit Verordnung des Bundesministeriums für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten betreffend das Statut des Bundesvermessungsamtes wurde unter Einbeziehung der Geodätischen und der Mappierungsgruppe des ehemaligen MGI und der Agenden der Generaldirektion des Grundsteuerkatasters mit Wirkung vom 1. März 1921 das Bundesvermessungsamt gegründet. Die Evidenzhaltungen für den Grundsteuerkataster erhielten die Bezeichnung Bezirksvermessungsamt unter Beisetzung des Standortes.

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen vereinte nach seiner Entstehung nunmehr die folgenden Institutionen:

Eichwesen Vermessungswesen
Normaleichungskommission als Leitungsorgan Generaldirektion des Grundsteuerkatasters
Eichstellen (Eichämter und Fassaichen) zur operativen Durchführung der Arbeiten Triangulierungs- und Kalkülbüro, beide aus dem Bereich des Finanzministeriums
  Geodätische und die Mappierungsgruppe des ehemaligen Militärgeographischen Institutes
  Gradmessungsbüro aus dem Bereich des Ministeriums für Inneres und Unterricht
  Bezirksvermessungsämter

Der erste Präsident des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen war DI Alfred Gromann, der bereits dem Bundesvermessungsamt als Präsident vorstand.
Das neu gegründete Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen hatte die folgende Geschäftseinteilung:

Präsident des BEV Gruppe Vermessungswesen (V) Gruppe Eichdienst (E)
Abteilung A: Juridisch-administrativer Dienst V/1: Technisch-administrativer Vermessungsdienst E/1: Technisch-administrativer Eich-dienst, Eichaufsicht
  V/2: Wissenschaftlicher Vermessungsdienst E/2: Wissenschaftlicher Eichdienst, Physikalisch-technisches Prüfungs- und Versuchswesen
  V/3: Triangulierungen E/3: Eichung der Elektrizitätszähler und Wasserverbrauchsmesser
  V/4: Neuvermessung und Nivellement  
  V/5: Mappierung und Landesbeschreibung  
  V/6: Photogrammetrie  

Der Vermessungsdienst in den Bundesländern wurde durch die Bezirksvermessungsämter ausgeführt, die technisch-administrative Leitung des Fortführungsdienstes wurde der Abteilung V/1 übertragen, die durch dislozierte Organe, die Vermessungsinspektoren in Wien, Linz, Salzburg, Graz, Klagenfurt und Innsbruck die Überwachung der Bezirksvermessungsämter ausübte.

Die Eichämter unterstanden direkt dem BEV, für ihre Überwachung waren als dislozierte Organe die Inspektoren der drei Eichaufsichtsbezirke mit dem Amtssitz in Wien, Linz und Graz zuständig.

Die Geschäftseinteilung blieb in dieser Form bis in das Jahr 1938 aufrecht. In diesem Jahr (Ende Jänner) trat der Präsident DI Gromann in den Ruhestand über, ein neuer Präsident wurde zunächst nicht bestellt. Ob dieser Umstand mit den kurz darauffolgenden Ereignissen zusammenhängt oder, ob dies rein dem Zufall geschuldet ist, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Jedenfalls wurden die Leiter der Gruppen V (Ing. Karl Lego) und E (Ing. Bruno Schneider) vorerst mit der selbständigen Führung der Gruppen betraut.

Noch vor der Ernennung eines Nachfolgers von Präsident DI Gromann wurde die Republik Österreich im Zuge des Anschlusses am 13. März 1938 in das Deutsche Reich eingegliedert.

 

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